TT-Bericht: Gewalttäter erhielt am Innsbrucker Landesgericht allerletzte Chance

Die Tiroler Tageszeitung berichtete am 04.11.2025 über einen aktuellen Fall, bei dem wir einen Rechtsmittelerfolg feiern und letztlich eine milde Strafe erreichen konnten.

Gegenstand mehrerer Verfahren war ein 35-jähriger serbischer Staatsangehöriger, der in den vergangenen Jahren in Tirol strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Im Mittelpunkt des hier dargestellten Verfahrens stand jedoch nicht die Gewaltproblematik als solche, sondern ein außergewöhnlicher und rechtsstaatlich relevanter Verfahrensmangel, der letztlich zu einer Teilaufhebung eines rechtskräftigen Urteils durch den Obersten Gerichtshof führte.


Im Sommer 2024 kam es in Osttirol zu einem tätlichen Angriff auf einen Passanten. Der Mandant soll gemeinsam mit einem Kollegen nach einer geringfügigen Auseinandersetzung vor einem Lokal mit Schlägen und Tritten auf das Opfer losgegangen sein. Dieses erlitt dabei unter anderem Brüche der Augenhöhle und der Stirnhöhle. Das Landesgericht verurteilte beide Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung im bewussten und gewollten Zusammenwirken. Zusätzlich wurde der Mandant wegen falscher Beweisaussage schuldig erkannt. Es wurden bedingte Freiheitsstrafen sowie Geldstrafen verhängt.

 

Die Besonderheit des Falles lag darin, dass der von uns vertretene Beschuldigte sowohl als Zeuge und als Beschuldigter einvernommen worden war. Gegen diesen zusätzlichen Schuldspruch wurde von der Verteidigung ein Rechtsmittel bis zum Obersten Gerichtshof erhoben – ein in der Praxis selten beschrittener und noch seltener erfolgreicher Weg. Im Rechtsmittelverfahren konnte aufgezeigt werden, dass der Mandant im Ermittlungsverfahren zum selben Sachverhalt gleichzeitig als Zeuge (unter Wahrheitspflicht) und als Beschuldigter einvernommen worden war. Auf Grundlage dieser widersprüchlichen Rollen wurden spätere Abweichungen in den Aussagen als falsche Beweisaussage gewertet.

 

Dieser Verfahrensablauf stellt einen fundamentalen Verstoß gegen elementare Beschuldigtenrechte dar, insbesondere gegen das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Der Oberste Gerichtshof hob den Schuldspruch wegen falscher Beweisaussage auf. Dieser Teil des Urteils wurde zur neuerlichen Verhandlung an das Landesgericht zurückverwiesen.

 

In der Folge wurde der aufgehobene Verfahrensteil neu verhandelt. Das Gericht verhängte unter dem Strich eine Zusatzstrafe von sieben Monaten bedingte Freiheitsstrafe sowie eine Geldstrafe von 900 Euro. Dem Gewaltopfer wurden zudem 2.000 Euro Schmerzengeld zugesprochen.

 

Der Fall zeigt exemplarisch, dass auch scheinbar abgeschlossene Verfahren einer höchstgerichtlichen Kontrolle standhalten müssen. Fehler im Ermittlungsverfahren – insbesondere bei der Rollenklärung von Zeugen und Beschuldigten – können selbst nach rechtskräftigen Urteilen noch korrigiert werden. 

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